Aktivkohle
Aktivkohle ist im wahrsten Sinne des Wortes zur Zeit in aller Munde. War das schwarze Pulver früher eher nur im medizinischen oder technischen Bereich als Filtrations- und Superabsorptionsmedium bekannt, gelangt es nun als gehyptes Wundermittel für weißere Zähne in immer mehr Badezimmerschränke. Sogar Heilpraktiker empfehlen die schwarze Paste für strahlendes Hollywoodlächeln und das Netz ist voll mit Vorher - Nachher-Bildern und Selfies mit schwarz schäumenden Mündern. Und wer nicht genug davon bekommen kann, der bekommt die ganze schwarze Pracht auch als Gesichtspackung für porentiefe Reinigung, oder als Tabletten für die Entgiftungskur.
Doch was ist Aktivkohle eigentlich genau? Und wodurch erlangt sie die Eigenschaft, scheinbar alles an sich zu ziehen? Im Gegensatz zur gewöhnlichen Braun- oder Steinkohle, die aus im Boden über Jahrmillionen zusammengepressten Pflanzenresten entsteht, wird Aktivkohle in einem speziellen Verfahren aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen. Als Ausgangsmaterialien dienen z.B. Olivenkerne, Holz, Torf oder Kokosnussschalen. Zuerst erfolgt die Pyrolyse der Pflanzenteile, d.h. die Verkohlung unter Ausschluss von Sauerstoff. Dadurch verbrennt alles pflanzliche Material bis auf den Kohlenstoff. Die Pflanzensubstanz wird regelrecht „ausgebrannt” und ein verwinkeltes Tunnelsystem aus feinsten Poren bleibt zurück. Pflanzenkohle, die als Bodenverbesserer und Dünger in der biologischen Landwirtschaft genutzt wird entsteht übrigens in gleichem Verfahren. Nur erfolgt bei ihr nicht die anschließende „Aktivierung”, wie bei der Aktivkohle. Bei der Aktivierung (Gasaktivierung) durch einen sehr heißen Gasstrom (700 - 1000 Grad), entweicht dem pyrolysierten Material Kohlenmonoxid und Wasser. Zurück bleibt ein poröses und hochaktives Kohlenstoffgerüst mit einer enorm großen inneren Oberfläche: 4 Gramm Aktivkohle (ca. 4 Teelöffel) hat die Oberfläche von 2000 - 6000 m2, was ungefähr der Fläche eines Fußballfeldes entspricht. Im Gegensatz zur Gasaktivierung gibt es auch die chemische Aktivierung. Bei ihr wird das Ausgangsmaterial, ohne vorgeschaltete Pyrolyse und bei geringerer Temperatur, durch Chemikalien aktiviert.
Durch die beeindruckend große innere Oberfläche, lässt sich auch die leistungsstarke Absorptions- und Filtrationswirkung von Schad- und Giftstoffen, wie Pestiziden, Chlor, Schwermetallen, Medikamentenrückständen und Bakterien, erklären. Weshalb sie auch für die Trinkwasseraufbereitung, Luftreinigung und anderen Filtrationstechniken eingesetzt wird. Ist die Oberfläche der Aktivkohle mit der Zeit immer mehr mit Schadstoffen und chemischen Substanzen „belegt”, lässt auch die Absorptionswirkung nach und die Aktivkohle muss gegen frische ersetzt werden. Die einmal gebundenen Substanzen werden jedoch über die Zeit nicht wieder abgegeben und sind dauerhaft an die Aktivkohle gebunden.